Geschichte der Stadt - kleine und große Geschichte  - moderne Kunst und Architektur - historische Bauten - Gärten und Gartenstraßen - Gewerbe und Industrie - Museen und Freizeiteinrichtungen  im 14. Arrondissement
(Teil Vavin und Denfert-Rochereau)

Der Mont Parnasse
Studenten des Quartier latin nannten anfangs des 17. Jh. einen Berg  aus Schutt, auf dessen Wiesen sie ihren Liebesabenteuer nachgingen, nach dem griechischen Berg Parnass, dem antiken Götterreich des Apoll. Südlich der Zollmauer (dem heutigen Boulevard du Montparnasse) entstanden zahlreiche Kneipen, da hier Wein und härtere Alkoholika nicht von der Steuer des octroi erfasst wurden.

Architektur des "Art nouveau" und "Art déco" am Montparnasse (der dem 6. Arrondissement benachbarte Teil zwischen den Metrostationen Vavin und Denfert-Rochereau)

Der Stadtteil Montparnasse ist nicht so reich wie das 16. Arrondissement. Dennoch bietet er auf einem Streifzug einige Fassaden im Stil des Art nouveau vom Anfang des 20. Jh. Zahlreicher vertreten sind Künstlerateliers der 1930er Jahre, die unter dem Einfluss des Art déco entstanden. Das fortschrittliche Bürgertum der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen liebte eine Art von Ateliers (heute würde der Pariser "loft" dazu sagen), in denen man bestmöglichen Lichteinfall spielerisch mit unterschiedlichen Raumhöhen verbinden konnte.

Moderne Bürohäuser, Nr. 128-130 am Boulevard Raspail, 6. Arr.
(Architekt Michel Herbert, 1980)
Der Architekt hatte die Absicht "einen augenfälligen, kraftvollen Akzent" in diesen "ereignislosen Boulevard zu setzen, der dem Auge keinen Halt bietet" . Die akkordeon-artige Formgebung ermöglicht es, den "unangenehmen Eindruck der verstopften Ecke von Boulevard Raspail und rue Vavin zu korrigieren und ein Maximum an Licht hereinzulassen". Als Gegengewicht zu seinem massiven Eindruck wurden die Fassaden "mit spiegelnden Glasflächen versehen, die ständig belebt werden" durch die Geschäftigkeit des Viertels und des Himmels.

16- Wohnbau, Nr.26 rue Vavin, 6. Arr.
(Architekt
Henri Sauvage, 1912)
Bei den ersten drei Stockwerken hat der Architekt sich an die Fluchtlinien der anderen Bauten der Straße gehalten. Die Etagen darüber weichen aber zurück. Diese pyramidenartige Form entsprang einer Rücksichtnahme auf die Volksgesundheit, wie man sie auch bei dem bei dem weiteren Bau von Sauvage im 18. Arrondissement wiederfindet. Die Rücksprünge sollen den Wohnungen mehr Luft und Sonnenlicht zuführen. So konnten auch Blumen und andere Pflanzen auf den große Terrassen gedeihen. Solche Gebäudeformen,  wie auch die weiße Keramik der Verkleidung haben sich von hier aus in den 20er und 30er- Jahren verbreitet. Nach den erwähnten "hygienebetonten" Ideen der Zeit sollte die Keramik das großzügige Abwaschen der Fassaden mit fließendem Wasser ermöglichen. Die Verwendung von Keramik sollte aber auch den Beton schützen: seinerzeit wusste man noch nichts über die Widerstandsfähigkeit dieses neuen Baumaterials gegen Alterungsprozesse.

17- Wohnbau, Nr. 96 rue Notre-Dame-des-Champs, 6. Arr.
(Architekt
Léon-Joseph Madeline, 1939)
Der Bau ist ein Beispiel für die Mittlerrolle der Architektur in der Zwischenkriegszeit. Er verharrt auf halbem Weg zwischen Klassizismus (Fassade am Boulevard Montparnasse, edler Backstein) und Modernismus: Betonskelett, kühne Behandlung des Fassadenkörpers zur rue Notre-Dame-des-Champs, wo der gerundete Hof nicht im Inneren des Bauwerks eingeschlossen bleibt sondern sich zur Straße hin öffnet, um eine möglichst große Sonneneinstrahlung zu erreichen. Die vertikale Ausrichtung des Baus wird durch das aufragende Gehäuse des Treppenhauses aus Glasziegeln unterstrichen. Rotunde und Kamine sind voller Absicht groß dimensioniert.

 

18- Wohnbau, Nr. 146 Boulevard du Montparnasse
(Architekt
Bruno Elkouken, 1934)
Ganz in weiß gehaltene Immobilie mit langgestreckten horizontalen Fensterbändern, abgerundeter Gebäudeecke, die zwei obersten Etagen in Terrassenform und eingerückt, wie es der damals modernen "Ozeandampferästhetik" entsprach (Abb.)

 

Wohn- und Geschäftsbau, Nr. 3 rue Campagne-Première und Nr. 8 rue Boissonnade
(Architekten Gilles Bouchez, Didier Morax, Francis Leroy, 1975)
Der Baukörper "spielt mit dem Gegensatz von glatt/rau" der Baumaterialien. So findet sich "nackter Sichtbeton" ("brut de décoffrage") in den Teilen, die vor Wassereinwirkung geschützt sind und kannelierter Beton an den Wetterfronten, um das Abfließen des Wassers zu kanalisieren und schwärzliche Fließspuren zu vermeiden. Der gleiche Gegensatz findet sich auch bei den glatten Verkleidungen aus Aluminium und den Blumenkästen aus Birkenholz "die dem kalten Beton ihren warmen Eindruck entgegensetzen". Das Gebäude hält sich nur im Erdgeschoss an die neue Richtlinie der zurückgenommenen Straßenflucht sowie bei den obersten Etagen, während die beiden ersten Obergeschosse vorspringen.

Der Portikus Haus Nr. 9 der rue Campagne-Première geht auf einen kleinen Hof mit Künstlerateliers wie man sie im Montparnasse-Viertel häufig findet: die Ateliers zeichnen sich durch ihre großen Fenster aus, die an dieser Stelle aus Materialien bestehen, die von der Weltausstellung von 1900 stammen (Rilke, de Chirico).

An Haus Nr. 11 spielte die Schluss-Szene des Films "A bout de souffle".
Bei Haus
Nr. 8 b trifft man auf grobes Pflaster und einen schattigen Hof.
In der
Nr. 17 befand sich das Atelier des Photografen Eugène Atget (www, www),
(Nach links...)
Passage d'Enfer (Weg zur Hölle): Arbeiterstadt mit einer spartanischen Kombination von Wohnungen und Werkstätten sowie einer gepflasterten aber nicht für den Wagenverkehr vorgesehenen Straße.

((auf der rechten Seite zurück ...)
Wohngebäude, Haus Nr. 31 rue Campagne-Première
(Architekt
André Arfvidson, 1912)
Erbaut 1912 stellt der Bau einen Übergang dar, denn in der Tat zeigt er eine Mischung von Schmuckelementen im Stil des Art nouveau (die ocker und beigefarbenen Girlanden der Fassade) und von Bauformen der modernen Architekturbewegung (mouvement moderne) : die großen verglasten Fensteröffnungen und die doppelstöckigen Maisonette-Wohnungen sind Vorläufer für die Mode der Künstlerateliers in den 20er- und 30er- Jahren; vor allem Le Corbusier verallgemeinert diese Anordnung "en duplex ". Die moderne Struktur aus Beton ist mit Kacheln verkleidet. In der Tat hatten die Baumeister der Epoche noch Zweifel an der Undurchlässigkeit des nackten Betons und an seiner Eigenschaft, gut zu altern. (Das Atelier links von der Nr. 31 b hatte Man Ray 1922 gemietet und dann 1929) von Aragon.


(Ein wenig zurück auf dem Boulevard Raspail...)
19- Wohnbau, Haus Nr. 216 Boulevard Raspail
(Architekt
Bruno Elkouken, 1934)
Elkouken ist ein französischer Architekt jüdisch-polnischer Herkunft (während des zweiten Weltkriegs im Exil in den USA). Er verwendete hier Erkerfenster (bow-windows) über zwei Etagen, um das Spiel der kubistischen Volumina der Fassade zu hervorzuheben. Dies kommt umso mehr zur Wirkung, als die oberen Etagen in Terrassenform zurückspringen. Die abstrakte Komposition wird unterstrichen durch die graphische Wirkung der Fensterrahmen in schwarzem Metall.

Hôtel Aiglon, 132 Boulevard Raspail
an der Ecke zum Boulevard Edgar Quinet (erbaut 1927) : eine Stadtpalais im Stil des Art déco, der Pariser Wohnsitz des Regisseurs Bunuel

20- Die  "Fondation Cartier" für zeitgenössische Kunst,  261 Boulevard Raspail (www)
(Metrostationen Raspail, Denfert-Rochereau)
(Tel. 01 42 18 56 51 oder 01 42 18 56 67, geöffnet 12.00-20.00 außer Montag, Spätöffnung am Donnerstag bis 22.00)
(Architekt
Jean Nouvel, 1994,  Gartenanlage von Lothar Baumgarten)
Der Neubau der Cartier-Stiftung wurde 1994 von Jean Nouvel errichtet, dem Architekten des "Institut du Monde Arabe". Da er auf einem historischen Bauplatz tätig war, der schon Chateaubriand gehört hatte, musste der Architekt mit dem Misstrauen zahlreicher Bürgerinitiativen fertig werden. Darüber hinaus verlangte der Name Cartier "einen gewissen Schmuckwert", getreu dem Ansehen des Herstellers von Luxuswaren. Das Gebäude wurde aus einer Abfolge von Glasflächen und Strukturen geformt, die extrem leicht gebaut sind (die Decken sind nur 42 cm stark). So entstand eine Architektur "aus Schwerelosigkeit, Glas und schlankem Stahl", ganz darauf berechnet, "die spürbaren Grenzen des Gebäudes zu Gunsten einer Poetik des Unbestimmten und des Verdämmerns zu verwischen, was übrigens den Blick frei gibt auf den "schönen Garten, der lange hinter Mauern verborgen war", insbesondere auf die denkmalgeschützte Zeder, die Chateaubriand 1823 auf seinem Grund und Boden gepflanzt hatte. "Das Spiel mit den Bauvolumina, das die Architektur des 20. Jh. so schätzt, fehlt hier ganz" und macht einer diskreten Architektur Platz, die eher flüchtigen Eindrücken und der Einbildungskraft den Raum gibt, sich zu entwickeln". Die Stiftung Cartier organisiert Themen - orientierte Ausstellungen rund um die zeitgenössische Kunst.

(gegenüber ...)
Fachschule für Architektur, Nr. 254 Boulevard Raspail
Der Neubau Haus Nr. 266 wurde vom Centre Beaubourg inspiriert: Glasfassade, die unabhängig vom Metallskelett ist , nach außen verlegte Versorgungssysteme.

(die erste Straße rechts...)
Haus des Kunsttischlers Paul Follot, Nr. 5 rue Schoelcher
(1911) : mosaikartige Intarsien, Kunstschmiede-Arbeiten, Blumengirlanden .

Gebäude in der Form von Künstler-Ateliers, Nr.11 rue Schoelcher
(Architekten: Vater und Sohn Gauthier, 1927)
Moderne, sehr vertikale Bauformen, interessanterweise gekrönt durch ein  traditionelles Mansardendach. Der Hof geht zur Straße, damit möglichst viele Wohnungen von den Grünanlagen des Montparnasse-Friedhofes profitieren (Abb. gegenüber)

(rechts...)
21- Wohnhaus, Haus Nr. 21 rue Froidevaux,  21 rue Froidevaux
(Architekt Georges Grimbert, 1929)
Grimbert war ein Architekt moderner Prägung, der den Naturstein als zu traditionell und Beton als zu avantgardistisch ablehnte.  Er verwandte Kacheln - auch aus "hygienischen" Gründen - und schuf durch die Einfügung kleiner vielfarbiger Partikel eine feine ornamentale Intarsienarbeit. Auf diese Weise entstand ein packender Kontrast zwischen der Intimität des Dekors und den monumentalen Proportionen des Baus mit seinen doppelstöckigen Künstlerateliers.

Der Platz Denfert-Rochereau
Angelegt wurde der Platz 1784 durch die Niederlegung der Mauer der Steuerpächter (mur des fermiers généraux): von dieser sind noch die zwei Pavillons von Ledoux erhalten, an denen die Steuern auf die Waren zu entrichten waren, die nach Paris hereinkamen. Der Platz hieß früher "place d'Enfer", Höllenplatz, und erhielt seinen heutigen Namen nach dem Oberst Denfert-Rochereau, der 1871 Belfort gegen die Deutschen verteidigt hatte. Deshalb blieb Belfort französisch, wogegen das benachbarte Elsass an Deutschland fiel. In der Mitte des Platzes erinnert eine Replik der Löwenskulptur Bartholdis in Belfort an seinen Sieg.

Die "Katakomben", Nr. 1 place Denfert-Rochereau (www)
(Metrostation Denfert-Rochereau)
(Tel. 01 43 22 47 63, Eingang auf der Südseite des Platzes, geöffnet 14.00-16.00 außer Montag, am Samstag und Sonntag von 9.00-11.00 und von 14.00-16.00 )
Im Jahr 1786 wurden die Friedhöfe der Pariser Pfarrgemeinden aus Hygienegründen  geschlossen, insbesondere der Friedhof "cimetière des Innocents" neben den Markthallen. Die Gebeine wurden in die ehemaligen Steinbrüche von Denfert-Rochereau gebracht, den heutigen Katakomben. Sie wurden 1995 vorübergehend geschlossen, um eine Klimaanlage einzubauen, welche die nachteiligen Folgen der jährlich 160 000 Besucher ausgleicht. …
(mehrere www-Seiten im Internet :
Carrières et catacombes de Paris, Catacombes de Paris, Riffzone, annuaire Paris web)

22- Das Observatorium, Nr. 61 Avenue de l'Observatoire (www)
(Metrostation Denfert-Rochereau oder Port-Royal)
(Tel. 01 40 51 22 21, 01 40 54 21 70 für Besichtigungen, 01 40 54 21 74 mit automatischer Ansage-Anrufbeantworter, geöffnet, mit Voranmeldung, jeweils am 1. Samstag im Monat, außer August, )

(Architekt
Claude Perrault, 1668)
Das Observatorium von Paris ist das älteste heute noch aktive Observatorium der Welt. Es wurde 1667 auf Anregung von Colbert durch den Architekten Claude Perrault errichtet. Die vier Fassaden entsprechen den vier Himmelsrichtungen. Es wurde von Anfang an und bis zur Revolution durch die Dynastie der vier Cassini geleitet, einer Astronomenfamilie italienischer Herkunft. Kuppel und Seitenflügel sind Zutaten aus der Zeit des Königs Louis-Philippe. Die Mittellinie des Baus war von 1667 à 1884 der Meridian von Paris: von da an hat Frankreich den internationalen Meridian von Greenwich bei London übernommen. Hier wurden die exakten Dimensionen des Sonnensystems errechnet (1672), ebenso die Lichtgeschwindigkeit und 1846  wurde der Neptun rechnerisch entdeckt usw. Auch heute noch gehört es zu den astronomischen Zentren von Weltgeltung: die Observatorien von Meudon und von Nancay (im Departement Cher) wurden ihm angegliedert. Das Observatorium strahlt die universelle Normalzeit auf Basis der internationalen Atomzeit aus.

Das Museum des Observatoriums (www)
(Tel. 01 40 54 21 94, geöffnet am ersten Samstag im Monat mit Voranmeldung)
Das kleine Museum zeigt alte Beobachtungsinstrumente.

Zu Ehren des Astronomen François Arago, hat der niederländische Künstler Jean Dibbets im Verlauf des Meridians von Paris auf dem Boden 135 Bronzemedaillons mit der Inschrift "Arago" angebracht (www, www sur la balade).

(Genau im Norden des Observatoriums ...)
23- Wohnbau, Nr. 12 rue Cassini, Nr. 12 rue Cassini
(Architekt Charles Abella, 1930)
Abella zählt zu den Architekten des "Übergangs" zwischen den beiden Weltkriegen. In Paris hat er nur zwei Bauten errichtet. Er strebte einen Kompromiss an zwischen dem Neoklassizismus und den modernen Ideen für die Fassadenverkleidung (Waschbetonstein, weder Naturstein noch Beton) auch hinsichtlich der Behandlung der Bauvolumina: der Erker (bow-window) aus armiertem Beton an der rechten Ecke "rundet" sich trickreich über der Fassade. Er lehnt sich an den Turm des Treppenhauses, dessen schräge Gesimse (moulures) seine Funktion sehr deutlich machen. Das Fries im Erdgeschoss stammt von X. Haas, der in diesem Haus sein Atelier hatte.

 

 

Rund um das Rathaus des 14. Arrondissement.

Künstlermarkt,  auf dem Platz "Ferdinand-Brunot"
(Tel. 01 46 86 28 66, jeden Sonntag von 10.30 bis 16.30)

24- Anbau des Rathauses des 14. Bezirks (Arr.), 26 rue du Mouton-Duvernet
(Architekt Georges Sebille, 1933)
Die Monumentalität des roten Backsteinbaus zeugt von der Zunahme staatlicher Macht in der unruhigen Zwischenkriegszeit seiner Entstehung: massive Proportionen, symmetrische Komposition, Fenster in doppelter und dreifacher Höhe, großer repräsentativer Balkon. Die Innenausstattung ist nicht weniger monumental: Eingangshalle und Treppenhaus aus Marmor, farbige Glasfenster und Flachrelief von Raymond Delamarre.
(Im Verlauf der rue des Plantes oder der Aavenue du Maine, trifft man auf die...)

Rue d'Alésia
Beginnend an der Metrostation Alésia bis zur Metro Plaisance überwiegen in der rue d'Alésia Boutiquen mit Designerkleidung zweiter Wahl, als Restverkauf, herabgesetzt, kurz billiger aber doch bester Qualität...

Haus der Architektur, Nr. 29 rue Didot
(Architekten
Yves Lion, A. Levitt, 1989)

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